Was wird aus meinem Erbe?!


Das Erbrecht ist seit Inkrafttreten des BGB am 01.01.1900 in den §§ 1922 bis 2385 fast unverändert gesetzlich geregelt. Der Umfang dieser gesetzlichen Bestimmungen mit über 450 §§ lässt erkennen, welche juristischen Gestaltungsmöglichkeiten nötig und möglich sind und welches Streitpotenzial vom Gesetzgeber geregelt ist.

Die gesetzliche Erbfolge nach dem Verwandtenerbrecht ("Das Gut fließt wie das Blut") mit verschiedenen Erbquoten entspricht fast nie den Vorstellungen eines Erblassers. Auch für die testamentarisch bestimmte Erbfolge  gilt unverändert der Spruch: 


"Der gesetzliche Erbe, im Testament übergangen, kann die Hälfte des Erbteils als Pflichtteil verlangen".


Daraus ergibt sich, dass eine gut durchdachte testamentarische Gestaltung unverzichtbar ist, um den Übergang von Vermögen und Werten im Todesfall nach den eigenen Vorstellungen sicher zu gestalten und familienzerstörenden sowie kostenträchtigen Streit zu vermeiden.

Zu bedenken sind dabei immer auch erbschaftsteuerliche Folgen. Denn das Erbschafts- u. Schenkungssteuergesetz gewährt beispielsweise folgende Steuerfreibeträge:




500.000,00 €

+ bis zu 256.000,00 €

für den Ehegatten

Versorgungsfreibetrag

400.000,00 €                                                                                    

+ 10.300,00 € bis 52.000,00 €

je Kind, Enkelkind (dessen Eltern verstorben sind), Stief- und Adoptivkind

Versorgungsfreibeträge

200.000,00 €

je Enkelkind

100.000,00 €

je Eltern- und Großelternteil bei Erbschaft

20.000,00 €

je Eltern- und Großelternteil beim Erwerb durch Schenkung, je Geschwister, Kinder der Geschwister, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, geschiedene Ehepartner und Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft

20.000,00 €

für alle anderen Empfänger einer Schenkung oder Erbschaft


 

Diese Freibeträge für Vermögensübertragungen zu Lebzeiten können im Wege vorweggenommener Erbfolge alle 10 Jahre schenkungssteuerlich ausgeschöpft werden bzw. nach einem Erbfall in dieser Frist mit der Erbschaftsteuer verrechnet werden. 

 



Für das hochwertige und selbstgenutzte Familienwohnhaus sind steuerliche Ausnahmeregelungen zu beachten. Alle sonstigen Erben, wie auch Eltern, Geschwister, Neffen, Nichten haben lediglich einen Erbschaftssteuerfreibetrag von 20.000,00 € und müssen für die über diesen Freibetrag hinausgehenden Werte mindestens 15 % Steuern zahlen.

Die Unternehmensbesteuerung im Erbfall muss der Gesetzgeber noch bis zum 30.6.2016 auf Grund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 neu regeln.

 

Zu beachten ist auch eine relativ neue Bestimmung in § 2057 a BGB, da ein Abkömmling, der den Erblasser während längerer Zeit aufwändig gepflegt hat, für solche Pflegeleistungen aus dem Nachlass vorab eine Entschädigung verlangen kann, nunmehr auch dann, wenn er diese Pflegeleistung ohne Aufgabe seiner beruflichen Einkünfte erbracht hat. Besser und sicherer ist es natürlich, wenn ein Erblasser noch zu Lebzeiten durch eine testamentarische Gestaltung - z. B. durch ein Vorausvermächtnis - eine solche Entschädigung bestimmt und geregelt hat.

 

Enterbung möglich?

Die häufige Frage, ob einem ungeliebten nahen Verwandten sogar der gesetzliche Pflichtteil (gibt es nur für Ehegatten, Kinder, u.U. Eltern) vollständig entzogen werden kann, muss fast immer negativ beantwortet werden. Das ist nur möglich, wenn der völlig zu enterbende nahe Verwandte dem Erblasser, dessen Ehegatten oder einem Abkömmling oder einer sehr nahe stehenden Person nach dem Leben getrachtet hat, sich eines Verbrechens oder schweren vorsätzlichen Vergehens schuldig gemacht oder die Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt hat (§ 2333 BGB). Diese seltenen  Voraussetzungen müssen darüber hinaus im Testament mit der Pflichtteilsentziehung im Einzelnen genannt werden.

 

Von praktischer Bedeutung ist die Bestimmung in § 2325 III BGB, wenn ein Erblasser durch Schenkungen zu Lebzeiten seine pflichtteilsberechtigten Erben benachteiligen will. Die Anrechnungsmöglichkeit für solche Schenkungen bei Pflichtteilsergänzungsansprüchen erlischt mit 1/10 pro Jahr, wobei die 10-Jahresfrist bei Schenkungen an den Ehegatten jedoch erst mit der Auflösung (z.B. Tod) der Ehe beginnt.

 

Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ist in Deutschland in Kraft ab 17.8.2015 und enthält für Personen mit Auslandsbezug bedeutsame Änderungen. Ausländische EU-Mitbürger (mit Ausnahme von Dänemark, Irland, Großbritannien) die ihren Aufenthalt im Zeitpunkt des Todes in Deutschland hatten, werden nach deutschem Erbrecht beerbt. Deutsche Erblasser, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Lebensmittelpunkt) im europäischen Ausland haben, werden für alle Vermögenswerte - also auch die in Deutschland  !!! - nach dem Wohnsitzrecht beerbt! 

 

Der deutsche Rentner z. B. auf Mallorca wird also insgesamt nach spanischem Recht beerbt. Nur durch Testament (!) kann der im EU-Ausland lebende Erblasser das ihm und seiner Familie fremde ausländische Recht abwählen und das Erbrecht z.B. seiner Staatsangehörigkeit bestimmen (Rechtswahl durch Testament). Dann gilt für das gesamte Vermögen, gleichgültig in welchem Staat es sich befindet, das gewählte Erbrecht (z.B. Erbfolge, Erbausschlagung, Pflichtteilsansprüche) mit einem europäischen Erbschein.

 

Die Beschäftigung mit dem Erbrecht kann nur bedeuten, dass man rechtzeitig sein eigenes Testament sorgfältig nach ausführlicher rechtlicher Beratung formuliert. Nur etwa 30% der Deutschen haben ein Testament, davon ca. 90 % in der zulässigen handschriftlichen Form. Allerdings sind nach statistischen Feststellungen diese handschriftlichen Testamente überwiegend nicht erbrechtlich durchdacht, fehlerhaft formuliert, steuerschädlich und führen zu erheblichem Streit.

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